Die Vorschift des § 140 StPO regelt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers. Neben dem Katalog des § 140 Abs. 1 StPO stellt § 140 Abs. 2 StPO eine Generalklausel dar, die – einer Generalklausel entsprechend – oft etwas abstrakt formuliert ist. Eine Bestellung eines Verteidigers kommt nach § 140 Abs. 2 StPO unter anderem wegen der „Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage” in Betracht.
Braucht man Aktenkenntnis zur Verteidigung gegen die Vorwürfe der Anklage, ist die Sach- und Rechtslage schwierig.
“Als schwierig ist die Sachlage eines Verfahrens u. a. dann zu bewerten, wenn die Hauptverhandlung ohne Aktenkenntnis nicht umfassend vorbereitet werden kann. Da nur ein Verteidiger Akteneinsicht erhält, würde die Nichtbeiordnung eines Verteidigers in derartigen Fällen dem Gebot eines fairen Verfahrens widersprechen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 140 Rn. 27 m. w. N.).” (LG Waldshut-Tiengen 1 Qs 62/13)
Schweigende Verteidigung bedingt immer Akteneinsicht
Insbesondere Schweigen im Rahmen der Hauptverhandlung und der daraus resultierende Zwang, sich mit den einzelnen in der Akte befindlichen Belastungsindizien auseinanderzusetzen, macht die Aktenkenntnis unumgänglich.
“Ein Angeklagter, der – worauf die Ausführungen der Verteidigung hindeuten – den Tatvorwurf in der Hauptverhandlung bestreiten wird, besitzt in einem solchen Fall wenig Möglichkeit, sich durch eigene Äußerungen zur Sachlage zu verteidigen. Eine eingehende Auseinandersetzung mit den Belastungsindizien und deren lückenlose Gesamtwürdigung sind dann von besonderer Bedeutung. Gemessen daran ist eine ordnungsgemäße Verteidigung nur dann möglich, wenn sich der Angeklagte mit den Ermittlungsergebnissen vor der Hauptverhandlung ähnlich hat befassen können wie Gericht und Staatsanwaltschaft. Dies lässt sich – zumal hier nicht nur Aktenteile aus der Strafakte, welche dem Angeklagten zur Vorbereitung auf die Hauptverhandlung in Kopie zur Verfügung gestellt werden könnten, sondern auch die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Freiburg von Bedeutung sind – nur durch Akteneinsicht bewerkstelligen, und das Recht hierzu hat allein der Verteidiger (§ 147 StPO).” (LG Waldshut-Tiengen, aaO)
Photo: filing cabinets by mcfarlandmo
Sie zitieren oben aus einem Urteil aus dem Jahr 2013:
„Da nur ein Verteidiger Akteneinsicht erhält, …“
Diese Behauptung ist bereits seit dem 01.11.2000 FALSCH !!
http://solarresearch.org/wp/wp-content/uploads/2014/07/AkteneinsichtOhneAnwalt_BCC.pdf
Klares „Jein“. Ein Recht auf Akteneinsicht gewährt § 147 Abs. 7 StPO gerade nicht. Lediglich ein Recht
Diese Auskunfts- und Abschriftenerteilung kann im Einzefall „deckungsgleich“ mit der einem Verteidiger zu gewährenden Akteneinsicht sein, muss es aber nicht…
Sie müssen nicht die wichtigen Worte aus § 147 Abs. 7 StPO weglassen:
„…Dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, sind auf seinen Antrag Auskünfte und Abschriften aus den Akten zu erteilen, …